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Erscheinungsjahr: 2009
Inhalt
5 Vorwort Gabriele Kaiser, Sonja Pisarik
Thema – Bauen im Bestand
08 Caroline Jäger-Klein: Bauen im Bestand als Gegenstrategie zur Beliebigkeit der Orte
18 Christian Jabornegg & András Pálffy: Die Lesbarkeit des Dokuments: Anmerkungen zum Bauen im Bestand
36 Hans Gangoly (Gangoly Kristiner Architekten): Erkennen von Potentialen – Umprogrammierung von Nutzungen
46 Christoph Stadlhuber: Revitalisierung versus Neubau?
Az W Journal
54 Nicola Hirner: Das Hotel-Restaurant Tulbingerkogel – eine vertrakte Baugeschichte
68 Ute Waditschatka: „standesgemäß: Eugen Wörle und die ZV“
72 Marion Kuzmany: USA pacific north west: two cities on the water
78 Buchbesprechungen
80 Dietmar Steiner: Bauen mit Verstand
86 Kurzbios Autorinnen und Autoren
87 Team Az W
88 Mitglieder Architecture Lounge, xlarge Partner
Vorwort
„Bauen im Bestand ist natürlich mehr als Denkmalpflege, Bauen im Bestand ist sozusagen der Appell an die Verwandlung des Bestehenden“, brachte Dietmar Steiner im Rahmen seiner Begrüßung anlässlich der 11. Kleinkonferenz der Architecture Lounge1, die am 18.05.2009 im Az W stattfand, seine Position zum Thema „Weiterbauen“ auf den Punkt. Auf welch unterschiedliche Weise sich diese Verwandlung bei ähnlichem Bezugsrahmen dennoch vollziehen kann, verdeutlichten die Positionen und Werkbeispiele der vortragenden Gäste Caroline Jäger-Klein (TU Wien), Hans Gangoly (Gangoly Kristiner Architekten), András Pálffy (Jabornegg & Pálffy Architekten) und Christoph Stadlhuber (BIG), die wir Ihnen in dieser Ausgabe des Hintergrund zur Nachlese empfehlen. Wenn historische Strukturen nicht mehr mit aktuellen Bedürfnissen übereinstimmen, ist eines der fundamentalen Probleme – ehe an eine bauliche Transformation überhaupt zu denken ist – die Funktionsfindung. Ohne adäquates Nutzungskonzept steht selbst die wertvollste Bausubstanz (so sie nicht zum unantastbaren Denkmal verklärt werden soll) auf verlorenem Posten. Die vorgestellten Bauten von Gangoly Kristiner Architekten und Jabornegg & Pálffy Architekten belegen, dass in historischen Strukturen ungeahnte Zwecke schlummern können, für deren Erweckung die sorgfältige Lektüre des Bestands eine wichtige Grundlage bildet. Art und Ausmaß des Eingriffs leiten sich dann stets aus den Bedingungen des Einzelfalls ab:
Bewahren und Verändern – die umbauimmanente Dialektik dieser beiden Bestrebungen hinterlässt in jedem Entwurf andere Spuren.
Im Az W-Journal setzen wir – ebenfalls passend zum Thema „Bauen im
Bestand“ – einen Schwerpunkt auf die als turbulent zu bezeichnende Baugeschichte des Hotels Tulbingerkogel, die Nicola Hirner in einer Forschungsarbeit für das Az W akribisch nachzeichnete. Seit Anfang der 1830er Jahre war der Wienerwald von den Städtern als Wander- und Ausflugsgegend entdeckt worden. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein ehemaliges Forsthaus auf dem Tulbinger Kogel als Gastwirtschaft betrieben. Ermutigt vom Aufschwung des Fremdenverkehrs in Niederösterreich zu Beginn der 1930er Jahre entschloss sich dessen Besitzerin 1931, das Forsthaus in ein Luxushotel umbauen zu lassen – was im Hinblick auf die damalige Wirtschaftskrise nicht unbedingt für ein geschicktes Finanzgebaren sprach. Zwar hatte sich im Naherholungsgebiet des Wienerwaldes der Tourismus für die Mittelschicht etabliert – während der exklusive Fremdenverkehr auf dem Semmering durch den Niedergang der Monarchie und die Wirtschaftskrise einen schweren Einbruch erlitten hatte. Der Bau eines Luxushotels war dann aber doch ein zu ambitioniertes Projekt, das im Selbstmord des beauftragten Baumeisters endete. Der Auftrag zur Fertigstellung erging schließlich an den bekannten Wiener Architekten Max Fellerer, der die Planungen dem jungen Architekten Eugen Wörle übertrug. Eine vorübergehende Zwangsverwaltung und die Nutzung als Stundenhotel konnten eine Fertigstellung des Hotels nicht verhindern. Hotelprospekte der damaligen Zeit verheißen winterliches Skifahr-Vergnügen, obwohl der Tulbinger Kogel als Skigebiet nie eine Rolle gespielt hatte. Werden heutzutage hauptsächlich Diätkuren angeboten, so konnte man in den 1930er Jahren auch Mastkuren(!) buchen – eine gesundheitliche Maßnahme, die in der Hotellerie kaum mehr eine Rolle spielen dürfte. Eine illustre Gästeschar von Künstlern, Musikern, Architekten, Schauspielern, Kabarettisten und Politikern schätzte das Haus über die Jahrzehnte. Eugen Wörle spielt im vorliegenden Hintergrund noch in anderem Zusammenhang eine Rolle: Nachdem das Wörle-Archiv 2007 von der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs an das Archiv des Az W zur Bearbeitung und Aufbewahrung übergeben worden war, konnten wir im Frühjahr als Anstoß zu einer aktualisierenden Auseinandersetzung mit seinem Werk dem Schaffen Eugen Wörles eine Ausstellung im Az W widmen. Ergänzend zu dieser kleinen Werkschau zeigten wir in einem korrespondierenden a_schaufenster – im Wechselbereich der Dauerausstellung zur österreichischen Architektur – einen Originaltisch2 aus der Ausstattung des Parlaments, entworfen von Fellerer und Wörle 1955–56, sowie dazugehörende Fotos und Materialien aus dem Nachlass Wörles. Darüber hinaus wurden mit illustren Gästen Vergangenheit und Zukunft des Berufsverbandes der ArchitektInnen, dem Eugen Wörle immerhin 35 Jahre lang als Präsident bzw. Ehrenpräsident vorgestanden hatte, diskutiert.
Wen nach dieser Vertiefung in die heimische Moderne nach 1945 die Reiselust packt, der kann mit sonntags genüsslich in die Ferne schweifen – Seattle und San Francisco standen diesmal auf dem Programm der frühsommerlichen Auslandstour. Marion Kuzmany berichtet über zweigeschoßige Autobahnen, Fischmärkte, alte und neue spektakuläre Bauten und ein spannendes Nightlife-Event.
Gabriele Kaiser, Sonja Pisarik
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© Az W
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