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Pressekonferenz: Mittwoch, 01. März 2006, 11:00 Uhr Eröffnung: Mittwoch, 01. März 2006, 19:00 Uhr Ausstellung: 2. März 2006 - 22. Mai 2006
Wer Loos sagt, muss Adolf meinen, ist die Regel in der Architekturgeschichte. Diese Ausstellung widmet sich hingegen einem jüngeren Kollegen, der mit dem großen Loos weder verwandt noch verschwägert war, und dessen Nachlass das Az W seit 2003 besitzt: Walter Loos (1905-1974), Architekt, Möbeldesigner, Bohemien, Emigrant. Obwohl das Oeuvre des Architekten nicht sehr umfangreich ist, gehören seine Bauten in Österreich und Argentinien zu den interessantesten ihrer Zeit. In Vergessenheit geriet er unter anderem, weil zu seinem Werk keine öffentlichen Bauten zählen, theoretische Schriften fehlen und er ab 1940 in Argentinien lebend aus dem Blickfeld der österreichischen Rezeption rückte.
Ein leider typisches Schicksal für jene Architekturschaffenden, die flüchten mussten oder das Exil wählten. Speziell zu jenen Protagonisten, welche ihr Gastland im „Paraíso Latinoamericano“ fanden, fehlt bislang die architekturhistorische Aufarbeitung. Die Ausstellung „Der unbekannte Loos: Walter“ präsentiert exemplarisch Leben und Werk eines der herausragendsten Architekten in diesem Kontext. Ergänzt durch einen Überblick zur Architektur in Argentinien in den 40er Jahren und einen Überblick österreichischer Architekten in Südamerika öffnet die Ausstellung im Architekturzentrum Wien damit ein bisher vernachlässigtes Forschungsfeld und macht den vielschichtigen Kulturtransfer erstmals nachvollziehbar.
Walter Loos – Moderne und Exil 1905 in Wien geboren, studiert Loos an der Kunstgewerbeschule sowie der Technischen Hochschule Wien u.a. bei Josef Frank und Josef Hoffmann. Ähnlich wie Frank orientiert er sich am Formenkanon des Modernen Bauens, ohne sich diesem rigoros zu unterwerfen. Seine Bauten zeichnen sich durch ihre Eleganz, Leichtigkeit und Wohnlichkeit aus. Die beiden Häuser auf kleinstem Grundriss, die er in der Wiener Werkbundsiedlung (1932) realisiert, werden aufgrund der ”sehr effizienten Raumgliederung und Aufschließung zu den gelungensten Beiträgen” (O. Kapfinger) gezählt. Das 1930-32 errichtete Haus in Kritzendorf hat Roland Rainer bei einem Besuch als das ”zweitschönste Haus Österreichs” bezeichnet. 1932 wird Loos in den Vorstand des Österreichischen Werkbundes gewählt, 1937 zum österreichischen Delegierten des CIAM (Congrès Internationaux d´Architecture Moderne) ernannt. Laut eigenen Aufzeichnungen bietet ihm 1938 Hermann Neubacher, der nationalsozialistische Bürgermeister der Stadt Wien, die Leitung des Stadtplanungsamtes an. Loos lehnt jedoch ab und kehrt noch im selben Jahr der “Ostmark” den Rücken. Zwar hat er sich nicht politisch exponiert, mit dem neuen Regime will er sich trotzdem nicht anfreunden.
Loos und seine spätere Frau Fridl Steininger, bereits in Wien eine sehr erfolgreiche Modedesignerin, emigrieren über England und die USA nach Argentinien. Im Exil macht sich Walter Loos vor allem als Möbeldesigner einen Namen. Daneben entstehen einige Schlüsselbauten wie das Patio-Haus in Mar del Plata und das Doppelhaus in Chapadmalal. Dieses Ferienhaus, ein Kubus mit durchgehend verglaster Fassade, ist der kompromissloseste Bau von Loos in Argentinien. Zu den wichtigsten Arbeiten gehören neben diversen Inneneinrichtungen auch die Modeateliers für seine Frau Fridl.
“Es lohnt sich, seine Häuser und Einrichtungen, seine Möbel und Designobjekte genau anzusehen, und man erfährt aus ihnen mehr über die im Aufbruch befindliche und dann geköpfte Avantgarde, als aus manchen Kommentaren ihrer Zeit.“ Friedrich Achleitner
Fridl Loos – Mode und Lifestyle Ein Exkurs in der Ausstellung ist Fridl Loos (1905-2000) gewidmet. In den USA hatte sie Walter geheiratet, mit dem sie eine offene Beziehung, eine lebenslange Freundschaft und künstlerische Partnerschaft verband. Die Arbeit des Ehepaars steht in engem Zusammenhang – über einen gemeinsamen Kundenkreis, aber auch durch das für beide charakteristische Streben nach der Symbiose von Moderne und Tradition. Fridl erwarb sich einen Ruf, der weit über Buenos Aires hinausreichte, indem sie europäische Schneiderkunst mit argentinischer Folklore verknüpfte. Das Ergebnis waren Modelle von zeitloser Eleganz. Zu ihren Kundinnen zählten die Schauspielerinnen Hedy Lamarr und Lana Turner ebenso wie die New Yorker Kosmetikindustrielle Helena Rubinstein. Ein Ausstellungssegment beschäftigt sich auch mit Hermann Loos (1921-2004), der 1950 seinem Bruder Walter nach Argentinien folgte, um hier als Architekt und Möbeldesigner Karriere zu machen. Seine Entwürfe entsprechen dem Zeitgeist der 50er und 60er Jahre, gleichzeitig sind die gelungensten Arbeiten von beständiger Qualität.
Die Ausstellung Die Ausstellung ist um die Frage organisiert, wie sich der Bruch, den die Emigration setzt, auf Leben und Werk von Walter Loos auswirkt. Um den kulturhistorischen Kontext zu vermitteln, werden Eindrücke der pulsierenden Weltstadt Buenos Aires, damals als ”Paris Südamerikas” gerühmt, präsentiert. Ein kurzer Streifzug führt durch das Architekturgeschehen im Argentinien der 1940er Jahre. Die Ausstellung gliedert sich in zwei chronologisch- geographische Hauptinseln: vor und nach der Emigration, Wien (bzw. auch Deutschland) und Buenos Aires. Gezeigt werden Pläne, Fotos, Entwurfszeichnungen, Häuser, Möbel, Mode. Das breite Themenspektrum ermöglicht Zugänge, die weit über das Interesse an Architekturgeschichte hinausgehen.
Kuratorin: Sonja Pisarik Mitarbeit: Ute Waditschatka Ausstellungsarchitektur: ARTEC Architekten Grafik: Gabriele Lenz Zur Ausstellung „Der unbekannte Loos: Walter“ erscheint eine Publikation. 128 Seiten, ca. 200 Abbildungen. Autoren: Friedrich Achleitner, Oliver Kühschelm, Sonja Pisarik. Herausgeber: Architekturzentrum Wien, Verlag Holzhausen.
Österreicher als Architekten in Lateinamerika Die Ausstellung „Der unbekannte Loos: Walter“ im Architekturzentrum Wien wird ergänzt durch eine Zusammenstellung von Österreichern, die nach ihrer Emigration in den verschiedenen Staaten Südamerikas als Architekten tätig waren und sind. Der Überblick umfasst die Zeitspanne vom 19. Jahrhundert bis heute. Gezeigt werden Informationen zu den ersten Karrieren nach Anfang der Unabhängigkeit der spanischen Besitzungen in Amerika im 19. Jahrhundert (Franz Wiesner von Morgenstern oder Albert Siegel), über die große Emigrationswelle des beginnenden 20. Jahrhunderts und in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg (Brüder Kalnay, Karl Brunner, Jonas Mond u.a.), bis hin zu in Lateinamerika wirkenden österreichischen Architekten der Jetztzeit (Hubert Klumpner, Bernhard Rehn, Wolfgang Timmer u.a.). Die Kontinuität des kulturellen Austausches zwischen den beiden Kontinenten, der zweiten „Entdeckung“ Amerikas durch Europäer, wird erstmals mit dem Fokus auf Baukultur dokumentiert.
Begleitend wird ein Katalog erscheinen. Dieser von Michael Bier zusammengestellte Ausstellungsteil spiegelt das generell wachsende Interesse Europas am „Paraíso Latinoamericano“ wider und bildet einen aktuellen Bezugspunkt zur EULAC Tagung, die im Rahmen der EU Präsidentschaft Österreichs im Mai 2005 in Wien stattfindet.
Subventionsgeber des Az W: Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr, Bundeskanzleramt Sektion Kunst, Wien Kultur. Das Architekturzentrum Wien wird unterstützt von der Architecture Lounge.
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