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Architektenlexikon Wien 1770 - 1945
Geschichte der Staatsgewerbeschule

1846
Eröffnung einer Gewerblichen Zeichenschule mit 4 Abteilungen:
1. Vorbereitungsschule für das Kleingewerbe
2. Zeichenschule für das Baugewerbe
3. Schule für Manufakturzeichnen
4. Zeichenschule für Mechaniker
Unterricht in zwei Gruppen: Sonntagsunterricht und Wochentagsunterricht. Dem Polytechnischen Institut unterstellt.

1865
Die gewerbliche Zeichenschule wird vom Polytechnikum getrennt und dem Arch. Wilhelm Westmann unterstellt. Die Schule ist in der ehemaligen Sigl´schen Lokomotivfabrik in der Währingerstr. untergebracht.

1867
Die technischen Disziplinen werden vom Lehrplan der Realschulen gestrichen. Dadurch entsteht der Bedarf nach einer höheren technischen Lehranstalt.

1868
Arch. Westmann erhält den Auftrag, das Konzept einer Tagesschule zur Vermittlung theoretischer und fachlicher Bildung zu erstellen.
Die Schule übersiedelt in das Gußhaus auf der Wieden.

1870
Umbenennung der „Gewerblichen Zeichenschule“ in die „k.k. Bau- und Maschinengewerbeschule“ = die erste gewerbliche Mittelschule Österreichs und Vorläufer der späteren Staatsgewerbeschulen. Ein Teil übersiedelt ins St. Anna-Gebäude, Wien 1, Annagasse 3 (davor war hier die Malerschule der Akademie der bildenden Künste untergebracht.)

1880
Umbenennung in „k.k. Staats-Gewerbeschule“.
1880/81 erster Jahrgang. Die k.k. Staats-Gewerbeschule umfasste vier verschiedene Zweige:
1. Höhere Gewerbeschule: eine Abteilung Baufach, eine Abteilung Maschinenfach (4-jährig)
2. Werkmeisterschule mit einer baugewerblichen Abteilung (1910/11 aufgelassen) und einer maschinentechnischen Abteilung (1889/90 aufgelassen) (2-jährig)
3. Spezialkurse für Kessselheizer, Lokomotivführer u.ä.
4. Gewerbliche Zeichenschule (1904/05 aufgelassen).
Unterbringung zum Teil im St. Anna-Gebäude, Wien 1, Annagasse 3, zum Teil im Gußhaus (Wien 4, Gußhausstraße/Favoritenstraße)
Wenn nach der Werkmeisterschule die Baumeisterprüfung ablegt wurde, konnte man sich Architekt nennen.
Die Schule konnte auch ohne Reifeprüfung mit einem „Frequenzzeugnis“ abgeschlossen werden. (Die Matura war weniger für die fachliche Verwendung als für administrative Belange – vor allem das Einjährig-Freiwilligen-Recht – von Bedeutung. Wie lange diese Bestimmung gegolten hat, ist nicht eruierbar.

1883
Camillo Sitte wird Direktor, Neubau der Schule: Wien 1, Schellinggasse 13 (von Dominik Avanzo und Paul Lange)
Das Alter der Schüler variiert zw. 13 und 36 Jahren.

1897
Reform: Einführung des Lehrwerkstättenunterrichts, Exkursionen, verschärfte Aufnahmebedingungen: 4 Klassen Mittelschule oder Bürgerschule oder 8-klassige Volksschule sind Voraussetzung.

1909/10
Reform: neuer Lehrplan. Schulzeit auf 4 1/2 Jahre (9 Semester) ausgedehnt. Im 6. Semester musste Praxis auf einem Bauplatz gemacht werden.

1910/11
Die Werkmeisterschule wird durch die „Bauhandwerkerschule“ für Gehilfen, die das Maurer- oder Zimmerergewerbe gelernt haben, ersetzt: 3 Kurse von je 5 Monaten.
Voraussetzung für die Aufnahme war die Absolvierung der 3. Klasse einer allgemein-gewerblichen oder die 2. Klasse einer fachlichen Fortbildungsschule für Baugewerbe. Mindestalter war 17 Jahre, in dem entsprechenden Fach musste eine Lehre abgeschlossen sein.

1912
Errichtung einer Lehrwerkstätte (Schulbauhof) in Wien 3, Lebergasse 4. Die Bauhandwerkerschule wird in die Lebergase verlegt.

1914
Das Schulhaus in der Schellinggasse wird Reservespital – Übersiedlung nach Wien 10, Eugenstraße 81 (heute Pernerstorfergasse). Der Unterricht wird auf die höheren Abteilungen beschränkt. Nach dem Krieg werden Ergänzungskurse für die Schüler, die durch den Kriegsdienst ihr Studium unterbrochen haben, angeboten.

1918
Rückkehr in die Schellinggasse, Kriegsschäden werden behoben.

1922/23
Neue Bezeichnung: „Technisch-gewerbliche Bundeslehranstalt“.
Es werden die höheren Abteilungen für Maschinenbau, Hochbau und Tiefbau geführt.

1939
Einführung des Ingenieurstitels für Absolventen der staatlichen Ingenieurschulen und der Staatsbauschule. Nach der Reifeprüfung wurde ein Ingenieurzeugnis ausgestellt.

1946
„Ischler Tagung“. Erstellung neuer Lehrpläne, Modernisierung des Schulbauhofbetriebes, Neugestaltung der Baufachschule:
Höhere Abteilung für Hochbau – 5-jährig, Abschluss mit Reifeprüfung, der Ingenieurtitel wird nach 4 Praxisjahren verliehen.
Baufachschule – 3-jährig, zur Erlernung des Bauhandwerkes.
Die erste Klasse wird gemeinsam geführt, dann erfolgt die Auslese.
Zusätzlich gibt es eine Bauhandwerkerschule für Maurer und Zimmerer (3 Halbjahreskurse).

1963
Neuer Name: „Höhere technische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt Wien 1“.

1982
Trennung der bautechnischen und maschinentechnischen Abteilungen.
Die maschinentechnischen Abteilungen übersiedeln in die HTL Ottakring, Thaliastraße 125.
Die bautechnischen Abteilungen übersiedeln in die Leberstraße 4c in Wien 3. Das Gebäude wurde unter Einbeziehung des bestehenden Gebäudes neu errichtet (1980-87 von Manfred Nehrer und Reinhard Medek).
Neuer Name: „Höhere technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt. (Camillo Sitte Lehranstalt). Wien 3“.


Literatur/Quellen
Jahresbericht der k.k. Bau- und Maschinen-Gewerbeschule
Jahresbericht der k.k. Staatsgewerbeschule und der damit verbundenen gewerblichen Fortbildungsschule in Wien
Festschrift zur 50 Jahrfeier der techn.-gew. Bundes-Lehranstalt Wien 1. 1880-1930
Festschrift Bundesgewerbeschule in Wien 1. 1880-1955
90 Jahre Schellinggasse, Festschrift der HTL Wien 1. (Keine Infos zu Lehrern und Absolventen)
100 Jahre Schellinggasse, Festschrift, Höhere Technische Bundes-Lehr- und Versuchanstalt, 1880-1980. (Keine Informationen zu Lehrern und Absolventen)

Autorin: Inge Scheidl


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