Risiera di San Sabba
Monumento Nazionale
Romano Boico (1966-75)
Largo Martiri della Risiera
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Vortrag von Massimo Mucci
Architekturtheoretiker, Forschungsschwerpunkt Architektur des 20. Jhdts. in Triest, Unterrichtstätigkeit an den Architekturfakultäten der Universitäten Triest (FAUST) und Venedig (IUAV)

 
 
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Die Risiera (Reisfabrik) von San Sabba ist das einzige nationalsozialistische Lager in Italien, in dem ein Krematoriumsofen in Betrieb war - zwischen 3000 und 5000 Menschen haben in den letzten 1 1/2 Kriegsjahren hier ihr Leben verloren. 
Nach dem Sturz Mussolinis im September 1943 wurden Triest samt Hinterland und Friaul unter deutsche Kontrolle gestellt. Odilo Globocnik, der bereits für die Ermordung von 2,5 Millionen Juden in Polen verantwortlich war, befehligte ab Oktober einen Stab von 92 ‘Exekutionsexperten’ für die Vernichtungpolitik im ‘Adriatischen Küstenland’. Partisanenaktivitäten behinderten die Nationalsozialisten derart, daß das ‘Einsatzkommando Reinhard’ die Errichtung und den Betrieb von Vernichtungslagern nicht im geplanten Ausmaß umsetzen konnte. 
Dieser Ort ist heute Mahnmal des Widerstands. Er stellt den Abschluss von langen und komplexen Ereignissen und Prozessen der Nachkriegszeit dar, die das Bedürfnis zum Gegenstand hatten, einen Ort der Erinnerung zu konstituieren. Der Entwurf des Triestiner Architekten Romano Boico kam mit denen von Costantino Dardi und Gianugo Polesello in die Endauswahl eines zweistufigen Architektur-Wettbewerbs, zu dem er mit seiner essentiellen Fragestellung über die Erweiterung des ursprünglich für das Monument vorgesehenen Areals um den eigentlichen Ort des Gedenkens, den ehemaligen Verbrennungsofen, beigetragen hat. Sein Vorschlag wurde realisiert, die Eröffnung  fand 1975 statt.
 
 
 

"Die von den Nazis vor ihrer Flucht halbzerstörte Risiera und auch das umliegende Gebiet waren in einem desolaten Zustand: also überlegte ich mir, wie ich diesem totalen Verfall eine Symbol- und Monumentalkraft verleihen kann. Ich nahm mir vor, mehr zu entfernen und wiederherzustellen, als hinzuzufügen. Nach dem Abbruch der baufälligen Gebäude habe ich den Komplex mit 11 Meter hohen Betonmauern umgeben und diese so gestaltet, daß an der gleichen Stelle des füheren Eingangs ein düsterer Zugang entstand. Der eingezäunte Hof gleicht gewolltermaßen einer weltlichen Basilika unter freiem Himmel. Das Gefängnisgebäude ist vollkommen leer und die tragenden Holzstrukturen wurden nur soweit nötig entfernt. Die 17 Gefängniszellen und auch die Todeszellen wurden nicht verändert. Im Zentralgebäude, auf gleicher Höhe wie der Hof, befindet sich das kleine aber anschauliche Museo alla Resistenza. Über dem Museum liegen die Räume des Verbandes der Deportierten. Im Hof ein schrecklicher, leicht in die Erde eingelassener und mit Stahlplatten belgter Parcours: der Umriß des Ofens, der Rauchkanal und der Kaminsockel." (Romano Boico) *

Quellen:
Romano Boico Architetto 1910-85, Marco Pozzetto (Hsg), Ausstellungskatalog Palazzo Economo, Trieste 1987
La Risiera di San Sabba - Un’architettura per la memoria, Massimo Mucci, Ed. iLEGgeri, 1999
Per una memoria della deportazione, a cura di Massimo Mucci, Katalog Galeria Ai Molini, Portogruaro, 2001
Risiera di San Sabba - Monumento Nazionale, Comune di Trieste*

Bildnachweis:
Romano Boico Architetto 1910-85, Marco Pozzetto (Hsg), Ausstellungskatalog Palazzo Economo, Trieste 1987
Risiera di San Sabba - Monumento Nazionale, Comune di Trieste
Reinhard Schuhmann

weiterführende Literatur

> Tourimages